Man muss aber schon ein sehr merkwürdiges Selbstverständnis haben, wenn man es als Grenzverletzung empfindet, wenn ein anderer Mensch einem nicht eine Tür ins Gesicht schlägt. Das Türaufhalten ist ebenso wenig ein Zeichen patriachalen Machotums wie wenn ich in der vollen Bahn aufstehe und einem älteren, oder vielleicht gehbehinderten Menschen einen Sitzplatz anbiete. Da mach man dann keinen Wind von, sondern steht einfach auf, und macht vielleicht eine einladende Geste, damit derjenige weiß, was gemeint ist. Das ist nicht herabwürdigend, das nennt man Freundlichkeit. Die meisten Menschen, denen ich begegne, freuen sich über solche Gesten.
Ich für meinen Teil weiß sehr genau, warum ich Leuten Türen aufhalte, und ich tue das, wie die meisten Menschen, völlig unabhängig von deren Geschlecht oder Hautfarbe oder $BELIEBIGESMERKMAL.
Genau an solchen Punkten scheitert dann die Debatte über den Alltagssexismus, die eigentlich dringend geführt werden muss. Selbstredend, es ist immer wichtig scheinbare gesellschaftliche Selbstverständlichkeiten in Frage zu stellen. In den 50er Jahren fanden alle die Hausfrauenehe völlig normal, und es hat eine ganze Generation gebraucht, bis die Menschen realisiert haben, dass da eine gewaltige Lücke klafft, zwischen dem verfassungsmäßigen Recht auf Gleichheit, und der juristischen und gesellschaftlichen Realität.
Aber einen gewissen gemeinsamen Boden sollte es schon geben; ich für meinen Teil möchte mich jedenfalls nicht anderen Menschen gegenüber wie ein Arschloch benehmen müssen, nur weil ein paar wenige sich angegriffen fühlen, weil ich ihnen einen “Guten Morgen” wünsche.
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