Jetzt bin ich schon wieder 24 Stunden zuhause, will aber noch meine Blogging-Reihe abschließen und vielleicht ein kleines Fazit ziehen. Gestern war ich dazu viel zu müde, ich bin aus dem Flugzeug in die S-Bahn, von da ins Auto gesprungen, hab meinen Hund abgeholt, bin ins Projekt gefahren und dort am Tresen fast eingeschlafen. Man, ey. Hardcore.

Also, was habe ich die letzten Tage noch gemacht? Am Dienstag sind wir als Gruppe nochmal in die Abschlussveranstaltung des Jugendclubs, der uns z.T. betreut hat, gefahren und haben dort eine gehalt- und respektvolle Abschlusspräsentation gehalten, die die besten Seiten der Seite enthielt. Also quasi 20% abgebildet und 80% verschluckt, aus Scham und aus Respekt würde ich jetzt mal einschätzen. Während eines reichhaltigen traditionellen Lieferservice-Mittags habe ich dann eher den Blick aus dem Fenster gesucht – wir wurden tatsächlich nochmal ordentlich eingeschneit, was sich als wirklich schön rausstellte. Viel von dem grauen Dreck des Moskauer Randbezirks wurde mit einer, wenn auch sehr dünnen, Schicht aus glänzendem Weiß überlegt und auf einmal sah alles neu und frisch aus oder verschwand als Ansammlung kleiner Fensterlichter im Gestöber. Tatsächlich hat mir das noch etwas inneren Frieden gebracht, nachdem mich am Abend zuvor Namen, die eigentlich 1900km entfernt sein sollten, irgendwie eingeholt und missgelaunt haben. Der Abend verging dann nochmal, zumindest für mich, in aller Ruhe, mit schlechtem Film und wenig Störungen. Faszinierend und abgeschreckt wurden nochmal die unterschiedlichen Vorstellungen von „Internationaler Begegnung“ zur Kenntnis genommen und schon brach der neue Tag an.

Der war vor allem durch das Aufbrauchen der russischen Rubel geprägt – nochmal schnell zum Roten Platz und den dortigen Souvenirhändlern das Kleingeld in den Rachen geworfen (natürlich nicht, ohne ordentlich zu handeln). So wurden diverse Sovjet-Devotionalien erstanden und in die Koffer gestopft, die am Ende bereitgepackt warteten. Dann gings zum Flughafen und in den Flieger und dann flogen wir …. der Rest steht am Anfang des Artikels. Ganz unspektakulär.

Ich frage mich, ob ich etwas mitnehme von der Reise. Natürlich, viele Impressionen und Kultureinflüsse. Aber auch das Gefühl, wenig eigentliches Russland kennengelernt zu haben. Meine Interessenlage hat sich nicht ganz so erfüllt, wie ich es wollte, dafür habe ich, z.B. im Kunstbereich, durchaus meinen Horizont erweitern können. Die Sprachbarriere war schon heftig und meine fehlenden Russischkenntnisse haben mir sicherlich viel versaut – gerne hätte ich mehr Leute auf der Straße angesprochen und mit ihnen über ihre Situation und ihre Rolle im russischen System philosophiert. Schade andererseits auch, dass so wenige Menschen dort Englisch sprechen. Ich würde mich so sehr über eine internationale genormte Sprache freuen, dafür würde ich auch nochmal komplett neu diese erlernen.

Neben der Sprache war auch die Gruppenzugehörigkeit ein ziemlicher Dealbreaker. So sehr ich mich auch über das günstige Angebot der Gruppe freue, was mir diese Reise überhaupt erst ermöglicht hatte, so wenig bin ich selber dazu kompatibel, vor allem mit unbekannten Menschen. Die Interessen waren letztendlich zu verschieden, um darauf konstruktiv aufbauen zu können – ich habe schon in NYC gemerkt, wie gut ich alleine unterwegs war und wie sehr ich daraus Kraft und Erkenntnisse gezogen habe. Natürlich habe ich da ab und zu was mit anderen Menschen gemacht, aber ich hatte jederzeit die Freiheit gehabt, einfach loszuziehen, was ich ja auch sehr genutzt hatte.

Insofern kann ich sagen: Moskau war ein schöner, erfolgloser Anfang um aus Berlin rauszukommen – New York & Washington D.C. werden aber erst richtig einschlagen. Ich fiebere dem 13. März entgegen. 5 Monate. iLike!

 

Um gleich noch einen Eintrag hinterherzudroppen: Ich hatte mich am Silvesterabend mal mit der lokalen Clubszene beschäftigt und hab eine coole Veranstaltung gefunden, die leider nicht stattfinden konnte, da der Colors Club kurzerhand vorher geschlossen worden war (wenn der Bing-Übersetzer bei Facebook richtig arbeitet, gings um Drogen). Sehr schade, weil die DJ’s echt fett klangen. Zur Inspiration mal ein paar Soundcloud-Sets eingebettet.
Vladimir Trapeznikov – Playing in the Dark by Vladimir_Trapeznikov

 

SANCHEZ & SAPUNOV @ BUBBLE BAR, KAZANTIP-19, 15.08.2011 by Sergey Sanchez

 

Alex Meshkov | 2856 | www.klangextase.de by Alex Meshkov

 

Inzwischen ist der Silvesterkater auf bei meinen Mitreisenden so etwas verflogen und ich habe auch mal wieder Lust, etwas zu schreiben. Nach dem Silvestergruß könnte ich ja da einfach anfangen: ich habe die letzten Tage bewusst mal etwas alleine die Zeit genutzt und bin durch die Stadt gezogen. Gruppendynamiken scheinen mir echt nicht so gut zu tun, alle sind lieb und nett, aber ich bin viel zu ungeduldig und habe meine eigenen Vorstellungen von der Tagesgestaltung, also habe ich die wichtige Konsequenz gezogen, mehr alleine durch die Stadt zu laufen. Die Erlebnisse haben mich darin auch bestätigt.

Interessant war Silvester vor allem deswegen, weil ich als Eigenexperiment quasi feststellen konnte, wie Massendynamiken abseits von Sprache und Kultur wirken. Niemand kannte mich, aber alle haben mir um 0 Uhr das Gefühl gegeben, dass ich dazugehöre, ohne dabei aufdringlich zu sein. Ich habe mich zuerst an den Roten Platz begeben, der weitläufig abgesperrt war und durch tausende Polizisten gesichert war. Die beeindruckende Präsenz der Sicherheitskräfte war allgegenwärtig, wahrscheinlich schwebte neben der Absicherung der Großveranstaltung auch das Damoklesschwert eines Aufflammens von Protesten der kremlkritischen Öffentlichkeit über den Häuptern der Herrschenden. Medienberichten zufolge gab es auch Festnahmen von 20-30 Regimekritikern (allerdings im Vorfeld und nicht auf dem Roten Platz), ich habe das aber nicht mitbekommen. Um 0 Uhr startete dann das Feuerwerk, das ansprechend, aber nichts besonderes war. Es war übrigens das einzige Feuerwerk, dass ich von meiner Position aus sehen konnte – und auch in den Stunden danach gab es längst nicht so viel Raketen wie in Berlin und – was ich wunderbar fand – auch so gut wie keine Böller. Hier scheint man anders Silvester zu feiern. Den Abend habe ich damit abgeschlossen, dass ich einen Aufstieg auf das Dach unseres Hostels gefunden habe, dass einen ganz schönen Blick über unser Viertel bot und wo ich mich dann für eine Stunde niedergelassen habe. Hat sich gut angefühlt, so weit weg von allem Mist in Berlin und etwas auch von mir selber. Ich gebe nicht viel auf den Jahreswechsel als symbolisches Datum eines Neuanfangs, aber auf dem Dach habe ich trotzdem mehr an die kommenden Monate als an die vergangenen gedacht. Gutes Gefühl, in aller Melancholie.

Irgendwann bin ich dann schlafen gegangen und habe den halben gestrigen Tag verschlafen. Wenn ich das richtig sehe, hat jetzt so eine halbe Ferienphase begonnen, weil das russische Weihnachten am 07.01 ist und die Tage zwischen Neujahr und dem 07.01 nur halbherzig als normale Arbeitstage betrachtet werden. Ob ein Geschäft aufhat, ist reine Glückssache, insofern war es dann gestern (natürlich), aber auch heute,  schwieriger, offene Supermärkte oder etwas zu essen zu finden. Ich habe dann aus Spaß an der Freude den Abend mit einem langen Spaziergang beschlossen, war bestimmt meine 3-4h unterwegs und bin durch die menschenleeren Straßen gelaufen. Gerade so eine 8-spurige Hauptverkehrsader ist besonders beindruckend, wenn gar kein Auto drauf fährt. Inzwischen kenne ich hier auch die meisten großen Coffeeshop-Ketten, neben Starbucks gibts auch drei lokale Franchiste-Unternehmen, die ganz nette Angebote haben (aber grundsätzlich viel zu teuer sind). Ich kann aber einen Double Cappucino mit Vanille empfehlen, absoluter Hammer! Nicht besonders Moskau bezogen, aber trotzdem.

Heute habe ich mich dann auf den Weg ins Moscow Museum of Modern Art (MMOMA) gemacht – eine Institution, die definitiv interessanter als das Nationale Kunstmuseum war. Zufälligerweise hat es heute auch keinen Eintritt gekostet, sodass ich wirklich lange, ausgiebig und mit einem guten Gefühl des Budgetsparens die Ausstellung genießen konnte. Hier sind mir im Vergleich zum anderen Museum viele Sachen im Gedächtnis geblieben, insbesondere eine Installation von mehreren Kunstwerken, die komplett im Dunkel lagen und wo man aufgefordert wurde, mit dem Licht vom Handy die Werke zu bestrahlen. Bei einem Werk hat man immer wieder geisterartige Gestalten entdeckt, was sehr gruselig mit Musik unterlegt wurde. Auch aufgefallen ist mir mal wieder, dass die gesamte Kunst sehr bürgerlich ist, was mich zu einem kleinen Exkurs kommen lässt:

Moskau scheint einen sehr seltsamen und indifferenten Umgang mit seiner Sowjet-Vergangenheit zu haben. Einerseits prägen die Zeichen des Stalinismus das gesamte öffentliche Bild, überall sind Hammer und Sichel zu sehen, Inschriften prägen einen positiven Bezug auf Revolution, Lenin und Stalin, die Abkürzung CCCP ist überall zu finden. Andererseits scheint auf intellektueller Ebene die Sowjetzeit komplett rausgedrängt zu werden: es gibt kaum (kritische oder unkritische) Auseinandersetzungen, sondern die Zeit wird schlichtweg nicht thematisiert bzw. überhaupt als existent wahrgenommen. Denkmäler (wie das Denkmal der Opfer von Totalitarität an dem Lubjanka-Platz) bedienen gängige Extremismustheorien, Kunstkritik bewegt sich auch darin, ohne Alternativen aufzuzeigen. Insofern bin ich auch auf meinen morgigen Besuch des Gulag-Museums gespannt, das heute leider geschlossen war.

Nach dem MMOMA bin ich etwas durch das reiche Viertel von Moskau geschlendert, keine Ahnung, was das genau war und habe mir einige Kaufhäuser und Passagen von Innen angesehen. Ich habe das schon erwartet, aber der Pomp war wirklich unglaublich. Es scheint eine wirklich reiche russische Oberschicht zu geben, die sich da zentriert. Soviele hochwertige Autos und SUVs habe in Berlin nie auf der Straße gesehen und auch die Zentrierung von Labels und Marken ist mir so nicht bekannt. Hier müssen Milliarden über die Ladentheken gehen, wahrscheinlich stellvertretend für das „Reich“ in der Arm-Reich-Schere auf wenigen Quadaratkilometern für das gesamte Land. Lustigerweise wurde ich (mit zerschlissener Mob-Action-Jacke und DDR-Schal und KIK-Mütze) als reicher Ausländer identifiziert – und wurde zu einer exklusiven Führung durch die Bentley-Verkaufsräume eingeladen. Fahren konnte ich leider nicht (weil kein internationaler Führerschein dabei), aber schon alleine das Aufheulen des Motors in einer Limousine hat mich beeindruckt. Ziemlicher Luxus, diese Neuwagen. Trotzdem, ich bin mit meinem Opel Astra F Caravan sehr zufrieden. Ein Wechselbedürfnis habe ich noch nicht. Vielleicht irgendwann …

Der Tag endet für mich mit einem Besuch im Gorki-Park (jaja, der von den Scorpions), wo eine große Eislaufstrecke aufgebaut wurde. Der Eingang sieht aus wie ein dickes, aber kleines Brandenburger Tor und der ganze Park definierte sich im Grunde über die Eislaufveranstaltung, die angenehm ruhig, also ohne die für mich aus Berlin so typische Alpenpopmusik, ablief und ihren Soundtrack aus Hundebellen, Kinderlachen und das Kratzen der Schlittschuhe bezog. Schöner Tagesabschluss auf jeden Fall, mit tollem Blick auf die Moskwa.

Ich bereue es übrigens ganz böse, mein iPhone zuhause gelassen zu haben. Es ist wahrscheinlich immer noch das sicherste, aber mir fehlt meine Musik unglaublich und auch die Möglichkeit, Notizen zu machen habe ich schon mehrmals schmerzlich vermisst. Andererseits würden die Artikel hier wohl mit diesen Notizen ewig lang werden, bei den ganzen Erkenntnissen und Beobachtungen, die ich habe – und eigentlich liest das ganze hier doch eh keiner, oder?

 

Happy New Year. Wo alle in Deutschland noch warten, ist hier schon 2012 angebrochen (mal wieder das letzte Jahr vor dem Weltuntergang). Also: Vorsätze abschaffen, Gefängnisse aufbrechen und die Weltrevolution dancen.

 

 

Ich glaube, ich beschränke mich heute wieder ein bisschen aufs Kurze. Der Morgen startete viel zu früh für die meisten, mein Mitbewohner war noch nicht mal wieder nüchtern – darum wurde morgens gen der Moskauer Universität mehr gewankt als gegangen. Das Scheißding hatte aber zu bzw. als Touristen durften wir nicht rein. Das hat mich ziemlich angepisst, weil ich mir davon sehr viel erwartet habe und das Hauptgebäude auf einem Berg über Moskau nicht zuletzt auch einen großartigen Blick über die Stadt geboten hätte. Irgendwie hat mir dann auch der restliche Tag (ein weiterer „Jugendclub“, der uns Willkommen hieß) nicht so wirklich die Laune aufgehellt.

Lichtblick war ein kleiner Ausflug in einen Hinterhof, in dem sich einige Leute ein kleine Künstlerwerkstatt mit Galerien und Läden aufgebaut hatten, die ganz nette Sachen dabei hatten. Da gabs dann wirklich Kunst, die mir gefallen hatte, die aber deutlich internationaler/westlicher geprägt war. Obwohls mir ein sehr simples Werk angetan hat – die Soldaten, deren Sterne von den Mützen ins Firmament wandern bzw. sich dort einordnen.

Ansonsten kann ich nur einige Fesstellungen über Moskau wiederholen bzw. neu anmerken:

  • Die Moskauer Bevölkerung scheint fast nur aus Kindern bis 13 und Erwachsenen ab 30 zu bestehen. Von der Zwischengeneration sieht man nur sehr wenig. Das verwirrt mich, und so richtig kann ich mir das noch nicht erklären.
  • Ganz Moskau hat wenig Street-Art und noch weniger politische Sticker oder sowas. Alles ist „sauber“, sowohl die Bahnen als auch jede Wand. Selbst in den Randgebieten.
  • Es gibt auch kaum Fahrradfahrer. Der Verkehr macht das auch logisch, die Autofahrer sind einfach verrückt hier. Außerdem kann man das Fahrrad nicht mit in die Metro nehmen. Aber mir ist das aufgefallen, weil die Menschen sich für Busse in riesigen Schlangen anstellen und die Busse nur gefühlte 2m/Minute vorankommen – mit Fahrrädern wäre man da deutlich besser dran.

Soviel zu Gedanken und Tag. Morgen werde ich sicher nichts oder nicht viel schreiben, ich melde mich dann vielleicht am Neujahresabend länger wieder.

 

Der Vodka hat gewirkt, das Aufstehen war für alle eine Qual (inkl. mich, der unter dem Gezeter der Dröhnschädel litt) – dem soll heute abgeholfen werden: es wurden gleich zwei Flaschen gekauft. Ich bin gespannt, wie dieses Experiment der Humanalkoholie sich entwickeln wird.

Auch heute sind alle geschafft vom Tag. Lange Metrofahrten, viele Fußmärsche und ein anstrengendes Programm forderten bisher ihren Tribut. Angefangen hat der Tag mit einer Art Nationalgalerie, in der verschiedene Epochen der russischen Kunst gezeigt wurden. Etwas seltsam dabei: die russische Kunstgeschichte scheint 1917 aufzuhören, die gesamte Sowjetzeit schien aus dem Programm eleminiert zu sein. Wie immer in solchen Ausstellungen: man geht rum, bestaunt die Werke, weiß aber zwei Räume weiter nicht mehr, was man eigentlich gerade gesehen hat. Einige Werke blieben in Erinnerung, weil sie besonders intensive Szenen, vor allem aus den diversen russischen Schlachten, in überraschend kritischem Kontext darstellten. Aber der Großteil der  Gemälde, vor allem Porträts und Landschaftsaufnahmen, rauschte so vorbei.

Danach ging es auf einen kurzen Spaziergang. Die russischen Straßen sind wirklich möderisch. Nicht nur wurde ich nun mehrmals fast angefahren, heute wurden wir auch Zeuge, wie rücksichtlos zweimal ein Hund überrollt wurde. Mir klingt das schmerzerfüllt Heulen und Wuffen/Grunzen der Bulldogge immer noch in den Ohren nach, dieses Erlebnis hat mir echt den Tag versaut. Der Hund hat es (erstmal) überlebt und wurde von einem freundlichen Autofahrer dann anscheinend Richtung Krankenhaus gefahren.

Weiter ging es zu einem Kunstwerk, was mich wirklich beeindruckt hatte. Mitten in einem Park stand eine Reihe von Metallstatuen, die die Geißeln der Menschheit darstellten. Sie streckten ihre Hände nach zwei Kindern in ihrer Mitte aus, die „Blinde Kuh“ spielten. Wirklich enorm genial dargestellt.

Ansonsten: Staubeobachtung, Kreml und noch ein Jugendclub mit HipHop und Breakdance. Wieder mit extra gesicherten Community-Zentren. Morgen geht’s dann in die Universität, ein wohl hochgesichertes Gebäude, weil die russische Regierung wohl enorm Angst hat, dass ihre Elite weggebombt wird. Mal sehen, wie nah wir rankommen. Vielleicht schaffe ich es ja außerdem, die ganzen Schlafmützen hier zu bewegen, nochmal den Arsch hochzubewegen – ich würd gerne ein bisschen Moskauer Nachtleben mitbekommen und das doch sehr beengte Hostel vermeiden. Aber das steht noch in den Sternen.

 

 

Der zweite Tag meiner Moskaureise erstreckte sich vor allem auf das Metrosystem. Das ist gelogen, aber entspricht der gefühlten Wahrheit: wir haben bestimmt zwei bis drei Stunden in der Metro zugebracht. Interessant dabei war: Der Roman „Metro 2033“ (und vor allem das Spiel) hat tatsächlichen praktischen Wert, ich war überrascht, wieviele Stationsnamen ich wiedererkannte. Wir befinden uns übrigens in der Nähe der Kitaj-Gorod, soweit ich mich erinnere auch ein Schauplatz im Buch. Die Moskauer Metro ist im übrigen vertrauenserweckend alt und dabei fährt sie furchtbar schnell. Man hat wirklich das Gefühl, dass Stationen, Züge und Fahrgäste für die Ewigkeit gebaut sind und dem sowjetischen Ewigkeitsanspruch trotz Untergang des Weltreiches noch genügen wollen und müssen. Beeindruckend auch die Massen, die transportiert werden. Solche Szenen kenne ich in Berlin eigentlich nur vom alten Ostkreuz, wo sich so beengt der arbeitstätige Menschenkörper hoch- und runter schob.

Abseits von der Metro wurden wir zum russischen Kulturprogramm geladen. Die Begegnungsstätten sind z.T. im Eingangsbereich stärker gesichert als bspw. deutsche Polizeistationen. Nach einem herzlichen Empfang wurden wir Gäste in einer Show, bestehend aus integrativem Tanzen (ein Programm für Menschen mit Behinderung) und einer jungen Cheerleadergruppe.

Wir hatten außerdem die Ehre mit einer Weltmeisterin im Gewichtheben (Unterarme in die Ewigkeit!) und der Weltmeisterin im Cheerleading. Nach einem reichhaltigen Mittag ging es dann weiter, in ein nächstes Jugendzentrum, wo es Rapgruppen und DJ-Technik gab. Das hochwertige Equipment steht der Gruppe, mit der ich reise, für die nächsten Tage zur Verfügung – ein Teil wird mit russischen Rappern ein Track produzieren, wenn ich das richtig mitbekommen habe.

Mein Teil der Gruppe wird sich die nächsten Tage um ein Fotoprojekt kümmern. Ein richtiges Thema haben wir dazu noch nicht, und ich bin gespannt, wo wir überhaupt fotografieren dürfen, weil viele Orte – ähnlich Amerika – mit Fotosperren (kriegswichtig!) belegt wurden. Aber uns wird schon ein Thema einfallen. Nach einem langen Tag wurde nun die erste Flasche Vodka ausgepackt. Ich bin überrascht, wie fertig alle vom Tag sind und trotdzem finden sie die Muße, noch einen Liter hinunterzuspülen. Gut, dass mein Quasi-Straight-Edge-Verhalten mir morgen früh einen klaren Kopf bewahren wird. Hoffe ich jedenfalls. Auf die nächsten Tage, Nastrowje. Oder so.

 

Verdammt, jetzt bin in Moskau gelandet. Drei Flugstunden von meinem Hund und der ganzen Berliner Scheiße entfernt, sitze ich gerade in einem kleinen Hostel, das erstaunlich gemütlich ist und sich durch die Jugendlichkeit der Betreiber und dem krassen Gegensatz zwischen Hausflur (baufällig, unscheinbar, bröckelnd.) und Innenansicht (warm, gemütlich, einfach nett) auszeichnet.

Mit einigen Freunden sind wir in einer Jugendgruppe mitgereist, was neben finanziellen Vorteilen auch eine coole Atmosphäre über die Altersgruppen hinwegt mit sich bringt. Ich werd hier die nächsten Tage einfach mal ein paar Beiträge droppen, heute ist noch nicht viel passiert. Nur einige Erkentnisse seien hier noch erwähnt.

  • Moskau sieht aus wie Ost-Berlin. Ich hab mich zuhause gefühlt, als wir Richtung Innenstadt gefahren sind.
  • Die Metro fährt sehr schnell, viel schneller als unsere U-Bahn.
  • Es ist keine gute Idee, ohne Kreditkarte oder EC-Karte oder Rubel im Supermarkt einkaufen wollen – nur Euro funktioniert nicht. True Story.

Wie gesagt, die nächsten Tage Updates und Fotos.