Im Gegensatz zu vielen anderen alten Fans fand ich die Tron-Fortsetzung im Kino gar nicht mal schlecht. Besonders der Soundtrack hat’s mir angetan, Daft Punk hat da eine saubere Platte rausgebracht (Geheimtipp: die Remix-CD!). Nun hat sich Disney gedacht, dass man die Reihe auch nochmal als Animationsserie verwursten muss und hat es in fast jeder Hinsicht vermasselt. Nur ein kleiner Trost ist es, dass es den Pilot kostenlos auf Youtube anzuschauen gibt (evt. aus Deutschland per US-Proxy).

Die Pilot-Folge führt den Charakter Beck (gesprochen von Elijah Wood) ein, ein Programm, dass in am Rande des Grids in der Stadt Argon City in einer Mechaniker-Werkstatt arbeitet. General Tesla nimmt diese Stadt unter seine Fittiche, wobei ein mit Beck befreundetes Programm eleminiert wird. Erzürnt durch diese Ungerechtigkeit rebelliert er und nimmt das Aussehen von Tron, dem berühmten Überwachungsprogramm an, um den Geist der Resistancé in den anderen Programmen zu wecken. Dabei trifft er auf den richtigen Tron, der ihn auswählt, seinen Kampf weiterzuführen.

Es ist natürlich problematisch, die Serie mit den bisherigen Filmen zu vergleichen, schon vom Budget dürften die total unterschiedlich sein. Und doch, es gibt Inkonsistenzen, die einfach zu stark sind, als das man sie unkommentiert lassen sollte. Die ganze Pilot-Folge macht den Eindruck, als sei sie nur halb durchdachte. Es gibt eine Hälfte, die fügt sich wunderbar ein. Und es gibt eine andere Hälfte, die dann den Drift in die falsche Richtung nimmt. Beispiele?

  1. Die Story: Die Grundkonzepte hat man verstanden. Das Grid wird von Programmen bevölkert und es gibt dominate Programme, die vor allem mit der Sicherheitsstruktur zu tun haben, und unterwürfige Programme, die andere Aufgaben (Wartung etc.) übernehmen. Aber danach geht alles schief: bisher basierte die Tron-Reihe auf einem visualisierten Computersystem, dass keine Abweichungen, höchstens Bugs kannte. Die moralischen Entscheidungen wurden nicht durch die Programme oder Daemons vorgenommen, sondern von außen durch die Flynns in das System gebracht. In diesem Fall gibt es aber keine Beeinflussung von außen, sondern ein Programm nimmt jenseits seiner Aufgabe eine moralische Entscheidung vor und zeigt Eigeninitative – anders als z.B. in Tron:Legacy, wo der Glauben an den User zumindest eine indirekte Beeinflussung nahelegte. Die Serie läuft so dem eigentlichen Konzept von der Beziehung zwischen den Programmen und der Rolle der User entgegen.
  2. Setting: Man nutzt das Setting aus, die Grid-Struktur hält für actiongeladene Szenen schöne Überraschungen und Effekte bereit. Aber auch hier fehlt das Auge für das Detail: Light Cycles werden eingebaut, natürlich – es sind die Markenzeichen. Aber die programmgerechte Bewegung (immer im exakten Abstand voneinander, zum Boden und zu den Wänden) von z.B. den Recognizer (fliegenden Sicherheitsdaemons) fehlt, genauso die immergleichen Bewegungen der bekannten Panzer. Das hätte man leicht einbauen können, wenn man sich mit den Filmen beschäftigt hätte.
  3. Animation: Total subjektiv, aber das ist eine Rezension, darum will ich drauf rumhacken. Auch hier das 50:50-Prinzip – die Hintergründe spiegeln sehr schön das Grid wieder, und auch die Objekte fügen sich gut ein. Die Charaktere hingegen sind meiner Meinung nach schrecklich gestaltet und passen nicht in das Setting. Mit langen Beinen und im Gegensatz dazu verkürzten Körpern und sehr kantigen Linienführungen wollte sich wohl jemand ganz abstrakt-indie vorkommen. Brrr.
  4. Die Musik: Oh yeah. Ich höre das Theme raus, ich höre den musikalischen Gedanken der Soundtracks. Aber das wars, bis auf wenige Augenblicke, wo sie vertraute Qualität annimmt und für Spannung sorgt. Für die Serie hätte man echt mal die Remixe vom T:L-Film benutzen sollen, oder sich zumindest in die Richtung bewegen sollen. So bleibt es nur Hintergrundgedudel, dass sich an berühmten Tonfolgen orientiert.

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint, wie die Herren von Kettcar irgendwann mal gesungen haben. Lieblingszitat. Es fehlt hier soviel Kick in der Serie, dass es das Label Tron einfach nicht wert ist. Ansonsten ist es aber solide Unterhaltung. Das Setting wird in schnellen Actionszenen ausgenutzt und die Handlung bleibt unterhaltsam und an manchen Stellen packend.

Fazit: Die Pilotfolge enttäuscht als Bestandteil der Tron-Reihe. Sie stellt aber solide Nachmittagsunterhaltung dar und hat noch Raum, sich zu entwickeln. Den muss sie auch nutzen, um plausibel mit den großen Brüdern korrespondieren zu können.

 

 

3 Responses to Pilot-Review: Tron:Uprising

  1. Minto sagt:

    Vielleicht ist Beck ja kein Programm sondern ein “ISO”?

    • Hans sagt:

      Guter Einwurf, aber habe ich keine Anzeichen dafür gesehen. Er müsste ja die ISO-Gender-Kennzeichen tragen. Vielleicht machen sie eine “unerkanntes ISO”-Geschichte draus, aber das muss man mal sehen, wie sich die nächsten Folgen darstellen.

  2. Minto sagt:

    Ich bin mir auch nicht ganz sicher inwiefern die Serie in den Kanon passt. Das Tron zum Zeitpunkt der Serie noch nicht Rinzler ist wirft die Rahmenhandlung ein bißchen aus der Bahn. Mal sehen wie sich die Serie noch entwickelt.
    Ich persönlich fand den Pilotfilm eigentlich ziemlich solide!

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